Busfahren in England

Doppeldecker
gibt es aber nicht nur in London, nein, sie gibt es überall auf der Insel –
allerdings selten rot, sondern türkisblau oder grün und seit Neuestem auch
hochmodern (zumindest in Liverpool!): mit USB-Steckdose zum Aufladen
elektronischer Geräte, WLAN und Elektrostrom! Willkommen im 21. Jahrhundert!
Die
Innenausstattung eines solchen arriva Busses ist wirklich ziemlich
beeindruckend, nicht zu vergessen die CCTV Kameras und Bildschirme, die
für mehr Sicherheit sorgen sollen. In der Tat sehe ich es auch nur äußerst
selten, dass Fahrgäste ihre Füße auf den gegenüberliegenden Sitz legen, was
eventuell mit der zusätzlichen Überwachung zusammenhängen könnte. Was mich auch
immer wieder erfreut, sind die kostenlosen METRO Zeitungen, von denen man sich
vorne im Bus eine mitnehmen kann um während der Busfahrt darin zu schmökern. Es
handelt sich hier zwar nicht um den Telegraph, sondern eher um einen BILD-Verschnitt, aber zur kurzweiligen Unterhaltung dienen sie allemal!
Das Einzige,
was nach wie vor fehlt, ist die fehlende Haltestellendurchsage bzw. -anzeige.
Es gibt zwar Bildschirme in den Bussen, aber die übertragen nur die CCTV
Kamera-Aufnahmen. Wenn ihr also in einen englischen Bus einsteigt, so solltet
ihr versuchen euch im Voraus klarzumachen, wo ihr aussteigen müsst.
Das WLAN erleichtert immerhin die live Mitverfolgung der Bus Route auf google
maps.
Solltet ihr aber nicht über ein Smartphone verfügen, dann kann ich diese
Taktik empfehlen: Noch daheim die Bushaltestelle bei google maps suchen, das
kleine schlaue Streetview Männchen dort absetzen und sich die Umgebung so schon im Voraus einprägen. Klingt kompliziert und ein bisschen lächerlich? Mag sein –
aber es hilft!
Wenn man sich dann noch einen Sitzplatz im oberen, vorderen Teil
des Busses ergattert, hat man den perfekten Blick auf seine Umgebung und kann
die gewünschte Bushaltestelle eventuell schon von Weitem erspähen. So ein
Doppeldecker ist einfach eine tolle Erfindung! Und was, wenn es dunkel ist!?
Nun ja…die andere Möglichkeit ist, sich vertrauensvoll an den Fahrer oder einen
anderen Fahrgast zu wenden. Schließlich sind die Briten ja äußerst höflich und
helfen gerne weiter.
So viel zur Innenausstattung
eines solchen englischen Gefährtes. Gibt es noch mehr zu beachten? Ja, das gibt
es meine lieben deutschen Leser. Gehen wir das Ganze also Schritt für Schritt
durch.
Weiter sollte man sich nun die
anderen Menschen an der Bushaltestelle gut einprägen, denn: wer zuerst da war,
der darf auch zuerst den Bus betreten. Während sich in Busbahnhöfen fein
säuberlich Schlangen bilden, passiert das an Einzelhaltestellen entlang der
Straße erst unmittelbar vor dem Einsteigen. Nichtsdestotrotz muss die
Reihenfolge unbedingt eingehalten werden, da alles andere als äußerst unhöflich
empfunden wird. Merkt euch also gut, wer vor euch da war!
Falls es zu Unklarheiten
über die Einstiegshierarchie kommt, bietet man am besten den Vortritt an:
„After you“ („Nach Ihnen“). Häufig führt das zu einem
Höflichkeits-Teufelskreis: „Oh no, after YOU“ – „No, really, after you.“....,
der früher oder später unterbrochen werden muss.
Beim Betreten des Busses sollte
man auch darauf achten genügend Kleingeld parat zu haben; passend, wenn
möglich. Bustickets werden direkt beim Fahrer gekauft; leider ist es mir doch
tatsächlich einmal in Schottland passiert, das Busfahrer nur passendes
Kleingeld annehmen und nicht bereit waren auf Scheine zu wechseln, bzw. Rückgeld
zu geben. Vielleicht ist das aber auch eher die Ausnahme; schaden kann es auf
jeden Fall nicht, wenn man die Münzen bereits abgezählt bereithält und so den
Einstiegsfluss nicht zu lange aufhält (worüber sich die Briten aber nicht
verbal aufregen würden, wie vielleicht mancher Deutscher in deutschen Bussen).
So: Bus erfolgreich angehalten,
Einstiegshierarchie beachtet, Busticket passend bezahlt, METRO Zeitung
geschnappt, Haltewunschtaste beim Erblicken der Wunschhaltestelle betätigt…und
nun??? Muss doch eigentlich nur noch schnellst möglichst ausgestiegen werden,
oder? Falsch!
Auch hier ist Höflichkeit von großer Wichtigkeit; uns Deutschen fällt das ja manchmal schwer! Während wir es in Deutschland gewohnt sind uns ohne Wenn und Aber
in und aus dem Bus heraus zu drängeln, damit wir auch ja zuerst drin oder
draußen sind, ist solch ein Benehmen in England unverantwortlich.
Also:
Ellbogen wieder einfahren, warten bis der Fahrgast vor uns aufgestanden ist,
ihm den Vortritt lassen und zu guter Letzt dem Fahrer für die Fahrt danken. Das
geht mit einem soliden ‚Thank you‘ oder ‚Thanks‘, aber auch mit ‚Cheers‘, oder
einem knackigem ‚Ta‘.
Jetzt, meine lieben Leser, habt
ihr es geschafft: Ihr seid erfolgreich Bus gefahren und hoffentlich auch an der
richtigen Haltestelle ausgestiegen. Und vielleicht nehmt ihr auch ein bisschen
was von dieser höflichen Buskultur Englands mit nach Hause; es würde uns Deutschen nämlich wirklich nicht schaden.
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